2017-02-05. FUNDSTÜCK #9.

Ich zitiere einen Artikel von Wiebke Jann auf Mit Vergnügen Berlin

Jedes Mal, wenn ich zu meiner Familie fahre, sitze ich ungefähr acht Stunden im Zug, zu den unmöglichsten Uhrzeiten, drei Mal umsteigen inklusive. Da gilt beim Packen dieselbe Regel wie bei den Outfits im Kit Kat Club: Je weniger, desto besser. Deswegen hatten meine Geschwister auch die brillante Idee, mein Weihnachtsgeschenk direkt nach Berlin bestellen zu lassen. Ein Geniestreich, dachte ich!

Etwa sechs Wochen, drei Droh-Emails, zehn Stunden Hotline-Warteschleife und fünf Wutanfälle später, sitze ich noch immer geschenklos in meiner Wohnung. Denn offensichtlich vergisst die DHL, was ihre Kernkompetenz sein sollte: Pakete zu ihrer Kundschaft bringen.

Noch während ich bei meiner Familie bin, bekommt mein Bruder die Bestätigung, dass mein Paket bereits in Berlin auf mich warte. Super, dachte ich, Geschenke auch noch nach Weihnachten sind großartig. Im Sendungsverlauf lese ich nach, wo ich es in den nächsten Tagen abholen kann. »Erfolgreich zugestellt an: Nachbar Kiosk Akbulut«. Akbulut, nie gehört. Im Kopf gehe ich unser Haus und die Nachbargebäude durch: ein türkisches Männercafé, das gerade umgebaut wird, und eine Fußballkneipe, kein Kiosk Akbulut. Was soll’s, dachte ich, wird schon auftauchen, wenn ich in Berlin bin. Ich frage einfach beim Späti an der Ecke, vielleicht hat der ja mein Paket, quasi als Nachbar zweiten Grades.

Als ich zurück in Berlin bin, mache ich mich – ohne Abholschein versteht sich, denn der hat seinen Weg wohl auch nicht zu mir gefunden – auf die Suche nach meinem Paket. Da keiner meiner Nachbarn Akbulut heißt, es laut DHL-Webseite keinen Partner namens »Kiosk Akbulut« gibt und Spätis eher selten über einen eigenen Internetauftritt verfügen, versuche ich mein Glück beim Späti an der Ecke – und da beginnt meine große Späti-Odyssee. Als wäre ich auf der Suche nach dem Passierschein A38, werde ich von Späti zu Späti gelotst, in der Hoffnung mein Paket dort zu finden. Natürlich ohne Erfolg. In Kreuzberg ist es anscheinend leichter diverse illegale Drogen als sein eigenes Paket zu finden.

20 Spätibekanntschaften später treibt mich die Wut nach Hause ans Telefon und in die Warteschleife der DHL-Hotline. Offenbar haben die DHL und ich unterschiedliche Auffassungen davon, was »erfolgreich zugestellt« bedeutet.

Meine ersten Hotlineversuche führen mich zu einer stoisch-elektronischen Stimme, von der ich dieselbe Antwort bekomme, wie auch schon bei der Sendungsverfolgung: »Ihr Paket wurde erfolgreich zugestellt an: Nachbar Kiosk Akbulut«. Wo auch immer sich dieser Kiosk Akbulut befindet, mein Nachbar ist er sicher nicht, das wüsste ich inzwischen. Als ich endlich eine Frau am Telefon habe, versuche ich ihr genau das zu erklären und frage nach der Adresse des Kiosks. Wie naiv von mir, zu glauben, dass das so einfach geht.

»Die Adresse ist nicht hinterlegt.« Auf meine Nachfrage, ob das nicht aber eigentlich die Aufgabe der DHL wäre, zu wissen, wo sich mein Paket befindet, schließlich könne ja der Zusteller nicht einfach mein Paket irgendwo abgeben ohne, dass jemand etwas davon weiß, wird die Callcenter-Dame ungehalten.

»Glauben Sie nicht, dass ich Besseres zu tun habe? Bevor der Absender keinen Nachforschungsantrag stellt, passiert hier sowieso gar nichts!«

Etwas erschrocken entgegne ich ihr: »Also ich glaube nicht, dass ein riesiger Onlinehändler, nach Zahlungseingang und Versenden der Ware noch irgendein Interesse an meinem Paket hat. Schließlich ist es ja auch mein Paket. Sie müssen doch wohl wissen, wo das ist. Wie soll ich es denn sonst finden? Und außerdem ist es doch die Aufgabe des Kundenservices die Fragen der Kunden zu beantworten, oder liege ich da falsch?« Aufgelegt. Wow.

Ich wähle erneut die Nummer der Service-Hotline. Warteschleife, war wohl ein einmaliger Genuss der geballten Unfreundlichkeit der Mitarbeiter, in den ich gerade gekommen bin. Vielleicht gilt hier aber auch das gleiche Prinzip wie bei 9live und es wird nur alle drei Stunden jemand durchgestellt. Vom telefonischen Support gedemütigt, bediene ich mich der Rache des kleinen Mannes. Ich schreibe Beschwerdebriefe, über mein verschwundenes Paket und die Inkompetenz der Servicemitarbeiter, die bis heute unbeantwortet blieben.

Ein paar Tage später ruft mich mein Bruder an. Der Onlineshop hat sich bei ihm gemeldet, das Paket sei zurückgegangen, der Grund: nicht zustellbar. Danke für nichts, DHL. Das nächste Mal schleppe ich meine Geschenke wohl doch lieber wieder acht Stunden lang quer durch Deutschland.

[Quelle, wie auch oben genannt: mitvergnuegen.com/2017/liebe-dhl-ich-hasse-dich]